epa Krankenkassen Christian Galler
Published

18. Juli 2024

Haben wir das richtig verstanden?

Die gematik hat am 15.07.24 die neuen Vorgaben zur elektronischen Patientenakte (ePA) Version 3.1 vorab veröffentlicht. Diese enthalten die Festlegungen zum digital gestützten Medikationsprozess (dgMP), der aus dem elektronischen Medikationsplan (eMP), der elektronischen Medikationsliste (eML) und den arzneimitteltherapiesicherheitsrelevanten Zusatzinformationen (AMTS-rZI) besteht.

Die ersten Eindrücke: Was bedeutet das für uns?

Die neue „ePA für alle“ in Version 3.0 soll im Januar eine Übersicht über per eRezept verordnete und dispensierte Arzneimittel (eML) bieten. Das klingt vielversprechend. Doch mit Version 3.1, die am 15.07.25 eingeführt werden soll, kommt die Erweiterung, die einen kuratierten Medikationsplan (eMP) in der ePA integriert und fortschreibt, zusammen mit den Zusatzinformationen für eine AMTS-Prüfung (AMTS-rZI). Das Ganze basiert auf einem nativen FHIR-Server innerhalb der ePA. So weit, so gut.

Welche Probleme könnten auftreten?

Wenn ich das richtig verstanden habe, dann gibt es eine Vielzahl von kleinen, mittleren und großen Problemen, die bei der Umsetzung dieser Spezifikationen auftreten könnten. Ein paar Beispiele:

Kleine Unstimmigkeiten

  • Warum müssen Ärzte die in den AMTS-rZI hinterlegten Daten zu Allergien und Intoleranzen händisch und einzeln dem Medikationsplan zuordnen, obwohl diese Daten bereits in einer Datenbank liegen?
  • Warum überschreiben neue Kommentare zu Medikationen oder zum Gesamtplan die bestehenden Kommentare?
  • Warum fehlen spezifische Suchparameter, um die eML und den MP effektiv durchsuchen zu können?

Schon ein größeres Ding

  • Ein Arzt könnte versehentlich alle Allergien und Unverträglichkeiten eines Patienten löschen, weil er mitteilen wollte, dass ihm keine Informationen vorliegen – und damit alle vorhandenen Einträge ohne Rückfrage löschen.
  • Änderungen im eMP führen zu zahlreichen dokumentierten Versionen, was die Nachvollziehbarkeit erschwert.
  • Fehlender Zugriff auf die ePA und den eMP könnte dazu führen, dass nachträglich dokumentierte Einträge neuere Einträge überschreiben.
  • Medikationsinformationen wie Chargennummern und Verfallsdaten werden automatisch gelöscht.
  • Medikationsstatus werden fälschlicherweise geändert.
  • Fehlerhafte Einträge können nicht gelöscht, sondern nur als „entered-in-error“ markiert werden, was zu weiteren Problemen führen kann.

Boah! Das geht aber gar nicht!

  • Verlinkungen zwischen eML- und eMP-Einträgen können fachliche Fehler verursachen und es gibt keine Korrekturmöglichkeiten.
  • Daten eines falschen Patienten werden vom System ohne Fehlermeldung aufgenommen.
  • Es gibt keine Mechanismen zur Vermeidung von Datenkollisionen durch parallele Bearbeitung des eMP.
  • Eintragsfehler können nicht korrigiert werden, da die Korrektur an die TID des Einstellenden gekoppelt ist.

Manche Probleme könnten leicht behoben werden, führen jedoch oft zu wochenlangen Diskussionen, bevor tatsächlich eine Korrektur durchgeführt wird. Andere betreffen das Architekturkonzept und benötigen daher erst eine konzeptionelle Lösung. Die gematik möchte die Spezifikationen jedoch innerhalb von vier Wochen finalisieren und die Hersteller sollen danach mit der Umsetzung beginnen. Ist das realistisch?

Terminverschiebung als Lösung?

Wenn ich das richtig verstanden habe, könnte eine mögliche Ursache für die Probleme der Zeitdruck aufgrund politischer Vorgaben sein. Eine Terminverschiebung des dgMP könnte daher die einzige Lösung sein, um sicherzustellen, dass alle notwendigen Überlegungen und Lösungen bedacht und implementiert werden können.

Fazit

Wenn der elektronische Medikationsplan in dieser Form tatsächlich umgesetzt wird, könnte dies erhebliche Risiken für die Patientensicherheit mit sich bringen. Ich hoffe inständig, dass sich im zweiten Halbjahr 2025 zeigen wird, dass meine heutigen Bedenken unbegründet waren.